Die Kölner Rheinmühlen
Der Standort der Stadt Köln ist, was die Gewinnung von Energie aus Wasserkraft unter den Bedingungen des Altertums angeht, ungünstig gewählt. Der Mangel an geeigneten Bächen im Stadtgebiet erzwang im Mittelalter die risikoreiche Nutzung des breiten, kaum regulierten Stroms zum Antrieb von Getreidemühlen, um die bevölkerungsreiche Metropole mit Mehl zu versorgen.
Auf vielen Stadtansichten sieht man die mitten im Rhein verankerten Mühlen. Ihre Geschichte ist recht gut dokumentiert [1] und auch vor allem durch die Stadtansichten von Anton Woensam sehr anschaulich dargestellt. Seit 1276 teilten sich der Kölner Erzbischof und eine bürgerliche Genossenschaft nach langem Streit das Eigentum an den Mühlen. Die Mühlenerben begründeten den Mühlenschrein, ein grundbuchähnliches Verzeichnis, in dem sie 500 Jahre lang Rechtsgeschäfte mit Mühlenanteilen schriftlich niederlegten. Die Quelle gibt detailliert Einblick in die soziale Zusammensetzung der Genossenschaft, die freiwillige Gerichtsbarkeit und den Umgang mit den ideellen Beteiligungen. Die technische Betrachtung der Rheinmühlen fußt auf der administrativen und ikonographischen Überlieferung des 16. Jahrhunderts.
Der Mühlenschrein und die Aufzeichnungen des Torschreibers an der Rheingassenpforte über die Mahlgäste bilden eine hervorragende Quelle für den ambitionierten Familienforscher für die Zeit um 1600.
Im Band 2 der "Kölner Schiffsmühlen" listet der Autor Horst Kranz die Leistungen der Kölner Schiffsmühlen auf und hat in einer Datenbank auch alle im Mühlenschrein benannten Mahlgäste erfasst. Die ältesten Schreinsaufzeichnungen stammen aus 1276 (HistArchivKöln) und erfolgten nach einem 16 Jahre anhaltenden Streit zwischen den bürgerlichen Mühlenerben und den erzbischöflichen Stadtherren.
Der Mühlenschrein diente hauptsächlich dazu, die Mühlenerben mit ihren Anteilen "anzuschreinen", um sich ein Beweismittel für die Eigentumsrechte zu sichern. Von ursprünglich 34 Rheinmühlen blieben nach Streitigkeiten zwischen der politischen und wirtschaftlichen Führungsschicht und den privaten Mühlenerben nach Neuberechnung der Anteile im J. 1276 noch 13 Mühlen übrig. "Angeschreint" blieben aber noch ideelle Anteile an den ehemals 34 Mühlen. So berechneten sich dann auch die Anteile der Miteigentümer am Gesamtgewinn.
Aus dieser Zeit existieren leider keine Angaben über die Mahlleistungen der Mühlen. Erst ab 1603 gibt es Eintragungen. Im Rechnungsjahr 1602/03 mahlten die 8 Rheinmühlen 40296 Malter Roggen und 14237 Malter Weizen. Zur Auszahlung an die Miteigentümer gelangten 5 Gezeiten, d. h. 1276 Malter Roggen und 420 Malter Weizen. Die Hälfte des Gewinns ging an den Kurfürsten. Die andere Hälfte teilten die Mühlenerben nach Maßgabe der portiones sive partes unter sich auf. [2]
Die Aufzeichnungen im Jahr 1603 ermöglichen auch eine Auflistung der 116 Backhäuser und Pister in der Stadt, die die damals ca. 45.000 Bewohner versorgten.
Es gab im Jahre 1603 8 Rheinmühlen - je 4 in der Oberreihe und 4 in der Unterreihe.
Rheinmühlen Oberreihe | |||||||
Ludwig | Winandt | Keller | Hilger | ||||
1 | für St. Paulus | 13 | zum Jüdden | 29 | in der Müllengraben | 44 | an St. Severinpfortzen |
2 | under Helmschläger | 14 | auf der kleinen Witzgaßen | 30 | für St. Apern | 45 | für St. Catharinen |
3 | under Helmschläger | 15 | Spitzen orth | 31 | für St. Apern | 46 | zum Hütgen |
4 | under Tächenmecher | 16 | für St. Catharinen | 32 | am Neumarckh | 47 | an St. Johanß Kirchhoff |
5 | in der Neüwengaßen | 17 | an der Spitzen | 33 | hinder St. Cecilien weingardt | 48 | an der Hohepfortz |
6 | Schildergaßen orth | 18 | auf dem Perlengraben | 34 | auff der Löhergaßen orth | 49 | für den Weissenfrauwen |
7 | auff der Sandtkaulen | 19 | an der Weyerportzen | 35 | fur der Beckergaffel | 50 | für den Weissenfrauwen |
8 | für Lyßkirchen | 20 | an der Weyerportzen | 36 | in der Sternengaßen | 51 | am Berlichs orth |
9 | auff der Hahnenstraßen | 21 | auff der Hertzenstraßen | 37 | under Panenschleger | 52 | an der Buttengaßen |
10 | auff der Hahnenstraßen | 22 | auf dem Perlenpoel | 38 | am Maltzbüchell | 53 | in der Schleiden |
11 | auff der Schaffenstraßen | 23 | für St. Lupi | 39 | am Maltzbüchell | 54 | für St. Agaten |
12 | Cronenberger orth | 24 | am Heumarckt zum Ochsen | 40 | auff der Bach u. Kahrbender | ||
25 | in d. Krohnen am Heumarckt | 41 | auf der Severinstraßen | ||||
26 | auf dem kleinen Steinwegh | 42 | auf der Severinstraßen | ||||
27 | an der Rheingaßen | 43 | auf der Severinstraßen | ||||
28 | an der Rheingaßen | ||||||
A | Pistor Groß St. Martin | B | Pistor St. Aposteln | D | Pistor St. Cäcilia | F | Pistor zum Hasen |
C | Pistor St. Maria ad Gradus | E | Pistor St. Georg | G | Pistor St. Severin | ||
Rheinmühlen Unterreihe | |||||||
Thiel | Summus | Cona | Johanna | ||||
55 | an der Neckelskaul | 70 | an der Eigelsteinpfortzen | 86 | auff dem Brande | 96 | an der Würffelpfortzen |
56 | an der Neckelskaul | 71 | an der Eigelsteinpfortzen | 87 | under Pösten | 97 | an der Würffelpfortzen |
57 | Spülmanßgaßen orth | 72 | im Sternen am Eigelstein | 88 | an der Ehrenpfortzen | 98 | in der Schmierstraßen |
58 | für St. Mattheiß | 73 | in der Weidengaßen | 89 | an der alte Ehrenpfortzen | 99 | in der Schmierstraßen |
59 | für St. Mattheiß | 74 | in der Weidengaßen | 90 | durch die alte Ehrenpfortzen | 100 | in der Schmierstraßen |
60 | in der Marckmanßgaßen | 75 | unter Krahnenbeumen | 91 | in der Klöckergaßen | 101 | in der Diepengaßen |
61 | in der Hellen | 76 | zu Kaldenbergh | 92 | auff der Breiferstraßen | 102 | in der Diepengaßen |
62 | hoven Mahrportzen | 77 | für Allenheiligen | 93 | auff der Rohr | 103 | in der Diepengaßen |
63 | under Spormächer | 78 | für Allenheiligen | 94 | für St. Columben | 104 | auf dem Kriegmarckh |
64 | für St. Mariengardten | 79 | auff Johanßstraßen | 95 | auff dem Steinwegh | 105 | auf dem Kriegmarckh |
65 | an der Leimportzen | 80 | auff Johanßstraßen | 106 | auf dem Kriegmarckh | ||
66 | an der Leimportzen | 81 | auff Maximinenstraßen | 107 | Keimergaßen orth | ||
67 | in der Pützgaßen | 82 | auff Maximinenstraßen | 108 | Keimergaßen | ||
68 | für den Creutzbrüderen | 83 | auff Marcellenstraß | 109 | Keimergaßen | ||
69 | auff St. Cecilienstraßen | 84 | under Gülden Wagen | 110 | Keimergaßen | ||
85 | für den Minrebrüderen | 111 | Kotzgaßen orth | ||||
112 | in der Löhergaßen | ||||||
113 | auff dem Bottermarckh | ||||||
114 | in der Saltzgaßen | ||||||
115 | am Fischmarckh | ||||||
116 | in der Lindtgaßen | ||||||
H | Dom Pistor | K | Pistor St. Andreas | N | Pistor St. Kunibert | ||
I | Pistor St. Revilien | L | Pistor St. Gereon | ||||
M | Pistor St. Maria im Kapitol |
Mühlentürme
In Köln sorgte man vor: nicht nur die Rheinmühlen hatten sich um die Mehlversorgung zu kümmern, sondern man setzte auch schon frühzeitig auf die Windenergie. So mussten die Mühlen auf 3 Türmen in Köln die Mahldienste übernehmen.
Um 1400 ist der Mühlenturm der Gereonsmühle urkundlich erwähnt und ab 1446 von den ersten Müllern genutzt. 1588 wird die Mühlenanlage wegen Baufälligkeit zum ersten Mal rundum erneuert. Nach Erneuerung 1808 und Besitzerwechseln wurde das Bauwerk vor einem späteren Abbruch verschont. 1908 ging die Mühle wieder in das Eigentum der Stadt über. Ein Teil der Gartenanlage und ein Teil des Turmbauwerks wurden 1910 für das Museum Schnütgen bestimmt.
Seit den 1950er Jahren wird der Turm durch die Einrichtung der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) genutzt und deshalb "KSJ-Tower" genannt.
Ein weiterer Turm mit Windmühlenaufbau ist die Ulrepforte. Dieses ehemalige Stadttor, als Wachturm kaum genutzt, wurde im 15. Jahrhundert als Mühlenturm umfunktioniert. Im Verteidigungsfall sollte er in kürzester Zeit wieder in einen mit Soldaten besetzten Wehrturm umgewandelt werden können, was aber praktisch nie vorkam, so dass die Müller ihre Arbeit ungestört verrichten konnten. Sie versorgten hauptsächlich das benachbarte Kartäuserkloster, bis zu dessen Schließung im 19. Jahrhundert.
Der Name Ulre-Pforte geht auf die im Mittelalter hier tätigen "Ulner" (Üler, Euler = Töpfer) zurück. Wegen der Brandgefahr ihres Handwerks mussten sie in weniger belebten Gegenden arbeiten. Um die Ulrepforte war das Gelände hauptsächlich gärtnerisch genutzt.
Heute haben die Roten Funken in der Ulrepforte ihren Stammsitz und kümmern sich um die Erhaltung.
Die dritte Mühle in dieser Zeit ist die Bottmühle aus dem 16. Jahrhundert. Sie wurde als erste Mühle auf einer aufgeschütteten Plattform (Bott) der mittelalterlichen Befestigungsanlage errichtet hinter der Stadtmauer. Der Mühlenbetrieb wurde erst im 19. Jahrhundert eingestellt. Da der Turm sich dann im Privatbesitz befand, wurde er beim Abriss der Stadtmauern verschont und ist seit 1921 wieder im städtischen Besitz. Die "Deutsche Jungenschaft" er hielt die Mühle nach 1945 von der britischen Militärverwaltung für ihre Jugendarbeit. Seit 1970 haben die "Falken" dort ihren Sitz. Seit 1980 steht sie unter Denkmalschutz und wurde 2011 saniert.
Die Alteburger Mühle im Stadtteil Marienburg wurde Ende des 18. Jahrhunderts auf den Fundamenten eines mittelalterlichen Turms im Gebiet des römischen Flottenkastells Alteburg als eine Windmühle errichtet. Mehrfach durch Anbauten ergänzt ist die Mühle das älteste erhaltene Bauwerk in Marienburg und steht seit 1983 unter Denkmalschutz.
Heute ist dort der Sitz der Handelsabteilung des polnischen Generalkonsulats in Köln.
Das Bachtor wurde 1230 im Südwesten der Stadt in den dort verlaufenden Kartäuserwall eingebaut, der 1883 in Pantaleonswall umbenannt wurde. Das Bauwerk war eines der zwölf großen Toranlagen in der mittelalterlichen Stadterweiterung. 1230 erstmals erwähnt diente der Torbau seit 1730 als Windmühle und wurde 1883 niedergelegt.
Mühlen der Neuzeit
Im Deutzer Industriehafen versorgten um 1900 2 große Mühlen die Stadt und das Rheinland. Die Auersche Mühle (später als Ellmühle bezeichnet) und die Mühle der Fa. Leysieffer & Lietzmann prägten nebeneinanderstehend das Bild des Deutzer Hafens. Als Großmühlen hatten sie nur noch wenig mit der Romantik des Müllerhandwerks zu tun. Vielmehr wurden hier täglich tausende Sack Getreide industriell mit Maschinen verarbeitet, die sich jeweils auf dem modernsten Stand der Zeit befanden. Der direkte Zugang zum Hafen ermöglichte dabei den Umschlag großer Mengen von Getreide und Mehl.
Heute ist die Produktion an diesem tranditionsreichen Standort ausgelaufen. Der Deutzer Hafen wird zu einem Stadtquartier zum Wohnen und Arbeiten umgebaut.