Ludwig Nikolaus Litz
Ludwig Nikolaus Litz (* 19. Juli 1851 auf Schloss Reuschenberg in Bürrig (heute Leverkusen]]); † 7. Dezember 1913 auf Gut Schönrath bei Mülheim) war Landwirt und Pferdezüchter auf den nahe beieinander liegenden Gutshöfen Schönrath und Neurath. Er war Mitglied des Aufsichtsrats der Braunkohlen-Brikettwerke Berggeist und Lukretia sowie Gesellschafter und Aufsichtsratmitglied der Zuckerfabrik Brühl. Besondere Bedeutung erlangte er als einer der ersten und bedeutendsten Züchter der Kaltblutpferde der preussischen Rheinprovinz.
Leben
Ludwig Nikolaus Litz wurde als Sohn von Heinrich Johann Litz geboren, des damaligen Verwalters des Grafen Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim für dessen Liegenschaften von Schloss Reuschenberg. Der Vater pachtete später die zum Eigentum des Grafen gehörenden Gutshöfe Neurath und Schönrath bei Mülheim. Ludwig absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung und entwickelte sich nach seiner Militärzeit bei den Deutzer Kürassieren sowie der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zum namhaften Landwirt und Pferdezüchter. Am 2. Juni 1875 heiratete er Alouise Leuffen, Tochter des Landwirts Arnold Leuffen auf Haus Haan bei Dünnwald. Nach dem Tod seines Vaters 1875 bewirtschaftete Ludwig die Höfe Neurath und Schönrath, nach dem Tod seines Schwiegervaters am 27. September 1891, zusätzlich die angrenzenden Ackerflächen von Haus Haan und damit insgesamt 1243,5 Morgen.[1][2][3]
Ludwig Nikolaus brachte das Rheinische Kaltblutpferd durch seine Zucht zu Ansehen; die Schönrather Pferdezucht wurde die bedeutendste im Westen des Kaiserreiches.[1][2][4][5]
Als Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglied fungierte er wesentlich bei den Braunkohlen-Brikettwerken Lukretia und Berggeist sowie an der Zuckerfabrik Brühl.[6][7]
Durch Vertrag mit Graf Fürstenberg im Jahre 1900 wurde die Errichtung einer Ziegelbrennerei vereinbart mit der Abgabe von 1,5 Mark je 1000 Steine und der Produktion von durchschnittlich 5 Millionen Steinen sowie Rekultivierung der Tonentnahmestelle. Das Projekt scheiterte jedoch an der Rayongesetzgebung, die Neubauten im Vorfeld einer Festung verbot.[8]
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg misslang der Plan einer Konservierungsfabrik für Fleisch, Gemüse und Obst, da die als Produktionsstätte vorgesehenen Gebäude der geschlossenen Bergischen Löwenbrauerei von der Mülheimer Brauerei Balsam übernommen worden waren.[9]
Schon früh erkannte er die Bedeutung des Umweltschutzes. In einem Schreiben vom 09. Mai 1888 an den damaligen Bürgermeister von Mühlheim a. Rh. Friedrich Wilhelm Steinkopf wies er auf Flurschäden und insbesondere auf die allgemeinen Gefahren hin, die von den Abgasen des abgebrochenen Schornsteins der chemischen Fabrik Colombia ausgehen und bat dieser den Betreib zu untersagen.[10]
Es wird berichtet, dass Litz sich seinen Arbeitern gegenüber, darunter viele Ausländer, außergewöhnlich sozial verhalten habe. Die „Litze Hüser“ – Wohnungen für seine gelernten Arbeiter[2] – und die Betreuung der alten Gehilfen gelten als Beleg für eine familiäre Stimmung.[1][9][8]Ständig waren Eleven zur Landwirtsausbildung auf den Höfen Schönrath und Neurath.[11]
Ludwig Nikolaus Litz starb am 6. Dezember 1913 im Alter von 62 Jahren auf Gut Schönrath und wurde unter beeindruckender Beteiligung im Familiengrab auf dem Alten Katholischen Friedhof in Köln-Mülheim bestattet.[12]
Pferdezucht
Litz brachte das Rheinische Kaltblutpferd durch seine Zuchtergebnisse zu Ansehen. Die Schönrath-Neurather Pferdezucht wurde die bedeutendste im Westen des Kaiserreiches. Auf dem Schönrather Hof standen zeitweise bis zu 200 Zucht- und Arbeitspferde[13]. Die herausragendsten Vererber hießen Coloss und Rochus. Der Hengst Rochus wurde beispielsweise Sieger bei der Hengstschau der Rheinprovinz 1907.[14][8] Von Schönrath holten der königliche Oberlandstallmeister Graf Lehndorff und alle namhaften Gestütsverwalter die Zuchttiere.[1] Hengste und Stuten gingen in die Nachbarstaaten, sogar nach Russland und gelegentlich auch nach Amerika.[1][2][8]
Landwirtschaft
Der zunehmende Bedarf der schnell wachsenden Städte Mülheim und Köln an Fleisch und die daraus resultierenden erhöhten Frachtkosten veranlassten Litz, die Schweinezucht stadtnah zu erweitern.[2] Da das Mästen der Tiere im Weidegang erfolgte, erreichte auf den Weiden des Besitzes, der sich vom Rhein bis über den Weidenbruch im heutigen Stadtteil Höhenhaus erstreckte, der Höchstbestand 3000 Tiere.[1]
Auch die Gemüseproduktion wurde vergrößert. Beispielsweise wurden zur Erntezeit bis zu Vierzig Zentner Spargel täglich sortiert, verpackt und verschickt. Über Kommissionäre gingen die [Postkolli durch ganz Deutschland, und jeden Morgen um vier Uhr rollten die Wagen zum Kölner Markt.[1][2][9]
Nachwirkung
Nach Ludwig Nikolaus Litz’ Tod war sein Sohn Ludwig (1888–1975) für die Kaltblutpferdezucht verantwortlich, unterstützt durch seinen Bruder Wilhelm (1892–1973), der die Pferdewirtschaft in Schönrath schon durch die Zucht von Vollblutpferden abrundete.[15]
Schönrath-Neuraths Vollblutpferde haben sich die bedeutendsten Prüfungen des Westens geholt. Die Turfpresse stellte durch Vergleich der relativen Züchterprämien (Gesamtzüchterprämie/Anzahl Mutterstuten) fest, dass Schönrath, neben Gestüt Ravensberg ausser der hervorragenden Kaltblutpferdezucht auch die erfolgreichste Vollblutpferdezucht im Westen führte.[16]
Die Vollblüterzucht endete in Schönrath abrupt durch die Vernichtung des Grundstocks der Vollblutpferde Anfang 1945 infolge eines Blitzschlags in einem Unwetter; die Kaltblüterzucht dagegen wurde infolge des Siegeszugs der Traktoren unrentabel. Nach Ludwigs Tod 1957 entschlossen sich deshalb seine Söhne Heinrich (1922–2000) und Ludwig (1926–2006) zur Aufgabe der Zucht. Sie stellten auch die andere Tierhaltung (Milchkühe, Rindvieh, Schweine) bis 1974 allmählich ein und spezialisierten sich beim Ackerbau auf die Produktion von Saatgut, Zuckerrüben und Mais.
Heute wird der Hof durch die fünfte Generation Litz weiter so bewirtschaftet.[17]
Neurath wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr von der Familie Litz verwaltet, da sich mit zunehmender Besiedlung, d. h. vermehrtem Haus- und Strassenbau die Ackerfläche stark verringerte. Zudem war der Hof wegen vermehrter Eisenbahn- und Autobahntrassen nur noch umständlich zu erreichen, so dass er zu einer unrentablen Insel wurde.[2]
Weitere Bilder
Ludwig Litz bei der Feldbesichtigung mit zwei Töchtern um 1900. Im Hintergrund das "hohe Haus" (ehemals Honschaftsstr. 282).
Literatur
- Alfred Kemp: Köln-Höhenhaus zwischen damals und gestern. Cramer, Köln 1996, Neuauflage 2007 – herausgegeben von der KAJUJA (= Katholische Jugend in Höhenhaus) Sankt Johann Baptist, S. 6–7.
- Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Franz Peter Kürten: Schönrath und Neurath in Höhenhaus. In: Kölnische Rundschau 28. Oktober 1952.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Alfred Kemp: Köln-Höhenhaus zwischen Damals und Gestern. Köln 1996, S. 6.
- ↑ Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009, S. 368.
- ↑ Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009, S. 368.
- ↑ Johann Bendel: Heimatbuch des Landkreises Mülheim am Rhein, Köln 1925, S. 18, 19
- ↑ Todesanzeigen von Lukretia, Berggeist und Zuckerfabrik Brühl in der Kölnischen Zeitung vom 9. Dezember 1913, Morgenausgabe, S. 3, Bericht in der Berg.-Gladbacher Zeitung vom 12. Dezember 1913
- ↑ Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009, S. 246.
- ↑ 8,0 8,1 8,2 8,3 Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009, S. 199–243.
- ↑ 9,0 9,1 9,2 : Höhenhauser Chronikblatt. In: Kölnische Rundschau 28. November 1952.
- ↑ Abbildung des Briefwechsels in Wilfried Litz: Chronik der Kölnischen Litz. Selbstverlag, Köln 2009, S. 228.
- ↑ Alfred Kemp: Köln-Höhenhaus zwischen Damals und Gestern. Köln 1996, S. 6, 7.
- ↑ Mehrere Todesanzeigen in der Kölnischen Zeitung vom 8. Dezember 1913, Abendausgabe, S. 4 und vom 9. Dezember 1913, Morgenausgabe, S. 3, Bericht in der Berg.-Gladbacher Zeitung vom 12. Dezember 1913
- ↑ Alfred Kemp: Köln-Höhenhaus zwischen Damals und Gestern. Köln 1996, S. 7.
- ↑ Berg. Gladbacher Volkszeitung vom 9. Oktober 1907, S. 3
- ↑ Wilfried Litz “Chronik der Kölnischen Litz“ Selbstverlag, Köln 2009, S. 372–380
- ↑ Sport-Welt “Spaziergang durch westdeutsche Rennställe“,1943
- ↑ Beste Böden für den Bauboom. Kölner Bauern verlieren ihre Äcker in Kölner Stadt-Anzeiger vom 16. Oktober 2017 (abgerufen am 20. September 2023).
Quellenangabe
Dieser Artikel beruht weitgehend auf der Seite „Ludwig Nikolaus Litz“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. November 2023, 08:54 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ludwig_Nikolaus_Litz&oldid=239070718 (Abgerufen: 13. November 2023, 09:31 UTC)