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Schönrath auf den Karten von Wiebeking und anderen um 1800

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Die Darstellung von Schönrath und seiner Umgebung in Karten aus der Zeit um 1800, insbesondere eine undatierte Karte, die zwei "Schönrather Höfe" zeigt, werden von Wilfried Litz und Christopher Ernestus unterschiedlich interpretiert: Während Litz in dem zweiten Schönrather Hof eine Filiale sieht, interpretiert Ernestus den zweiten Hof als das spätere Neurath, dessen Lage aber noch falsch eingezeichnet wäre.

Die Karten

Aus der Zeit um 1800 existieren mindestens drei topographische Karten des Herzogtums Berg, die den rechtsrheinischen Bereich rund um Mülheim, Dünnwald usw. darstellen:

  • Topographische Carte von dem Herzogthum Berg, aufgenommen von dem kurpfälzischen Wasserbaumeister Wiebeking von 1789 bis 1792 und dann gedruckt ("Wiebeking-Karte")]
  • überarbeitete Version 1799 von Johann Christoph Bechstatt ("Topographisch-Militairische Karte des Herzogthums Berg. Aufgenommen und ins Grose gezeichnet von dem Hochf. Steuerrath Wiebeking, verjüngt und gezeichnet von Bechstatt 1799"
  • eine undatierte Karte aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln (HAStK) mit der Signatur Best. 7102 Nr. 914. Einen Ausschnitt aus einer Reproduktion dieser Karte (oder eines identischen Version davon) hat Wilfried Litz vor dem Einsturz des Archivs veröffentlicht in seiner Chronik der Kölnischen Litz, Köln 2009, S. 252. Die Signatur konnte 2025 im HStAK ermittelt werden.


Unterschiede in der Darstellung

Ausschnitt aus den Topographischen Karten der Preußische Uraufnahme 1836-1850 aus Tim-online NRW, mit Nordpfeil versehen und zum Vergleich mit Wiebeking gedreht

Bei Betrachtung der Karten von Wiebeking und Bechstatt für den Bereich Schönrath bei Mülheim a. Rh. fällt auf, dass Schönrath nicht eingezeichnet ist, auch nicht das Förstgen neben dem Kloster Dünnwald. Die dargestellten Gebäude zeigen in Wirklichkeit den heutigen Rodderhof, der aber nicht als solcher benannt ist, sondern mit der Beschriftung "Schündenb:", nach Ansicht von Ernestus verballhornt aus "Schönrath", nach Ansicht von Litz, weil auf dem Rodderhof neben der Landwirtschaft ausgeprägt Schindeln und Ziegelsteine gebrannt wurden.

Die undatierte Karte HAStK Best. 7102 Nr. 914 benennt im Gegensatz zu Wiebeking/Beschstatt den "Rotter Hof" (Rodderhof) richtig, nennt den Hof "Förstgen" neben dem Kloster Dünnwald und zeigt mit der Beschriftung "Schönrather Höfe" zwei relativ weit voneinander getrennte Gebäude an.

Bemerkenswert ist die Nennung und Darstellung von zwei "Schönrather Höfen". Litz hat hierauf immer wieder hingewiesen. Es gibt jedoch zwei unterschiedliche Interpretation dafür.

Eine genauere Betrachtung zeigt, dass zwar das östliche (hier als "1" markierte) der beiden Gebäude etwa dem eigentlichen Schönrath entspricht, das untere (weiter westliche, hier "2") aber von der Lage her nicht das heutige Neurath (hier "N") sein kann. Während Neurath deutlich näher an die heutigen Berliner Strasse, in Richtung Mülheim a. Rh. liegt. liegt der hier dargestellte zweite Schönrather Hof ("2") von Schönrath gesehen aus in Richtung Stammheim.

Es fällt bei der Betrachtung der drei Karten weiterhin auf, dass die Waldweide bei Schönrath, ebenso wie die übrige Landschaft im Raum Mülheim, in allen drei Kartenversionen gleich dargestellt ist, während sie in den Katasterkarten der 1820er Jahre ebenso wie in den topographischen Karten von Tranchot/Müffling und der Preußischen Uraufnahme (1836–50) deutlich verkleinert ist.

Zur Datierung der Karte HStAK Best. 7102 Nr. 914

Nach Wilfried Litz: zwischen 1799 und 1803

Litz verweist bei der Datierung auf eine andere Karte, den Spezialgrundriß des Mülheimischen Territorii von C. Crapet 1803.

Die Verkleinerung der Waldweide bei Schönrath sei insbesondere auf die erhebliche Waldvernichtung 1797/98 zwischen den Dörfern Dünnwald und Stammheim durch französische Truppen zurückzuführen. Reste dieser Bewaldung seien aber noch auf dem Spezialgrundriß zu erkennen. Daraus leitet Litz ab, dass die Karte HStAK Best. 7102 Nr. 914 zwischen 1799 und 1803 entstanden sei.

Nach Christopher Ernestus: zwischen 1806 und 1808

Ernestus argumentiert mit anderen Merkmalen der Karte: Am rechten Rand wird sehr deutlich, dass nur das Gebiet des Herzogtums bzw. Großherzogtums Berg dargestellt werden soll, nicht aber angrenzende Territorien des südlich angrenzenden Gebiets von Nassau. Auch das Linksrheinische (seit 1801 durch Vertrag als französisch anerkannt) ist nur ansatzweise dargestellt (besonders im Südwesten erkennbar). Es handelt sich also wie bei Wiebeking 1789 um eine Inselkarte. Ansonsten wird auf Beschriftungen von Staatsgebieten ganz verzichtet, ganz anders als noch bei Wiebeking.

Einen entscheidenden Hinweis gebe die Tatsache, dass die rechtsrheinischen Enklaven (Deutz, Vilich, Schwarzrheindorf, Königswinter, Wolkenburg), die bis 1803 zu Kurköln und von 1803–1806 zu Nassau-Usingen gehörten, nicht als Enklaven dargestellt werden, sondern in das Territorium von Berg integriert sind. Daher sei die Karte nach 1806 entstanden.

Es sind durch Farben, römischen und arabischen Ziffern sowie in manchen Bereichen auch mit sehr deutlich gekennzeichneten Grenzen Verwaltungseinheiten dargestellt, die aber keine staatlichen Grenzen sein könnten, sondern eine interne Verwaltungsgliederung des Großherzogtums (seit 1806, vorher Herzogtum) Berg darstellten. Es sei nicht ganz klar, ob die Nummern, Kolorierungen und Grenzmarkierungen schon Teil der gedruckten Karte waren oder nachträglich von Hand eingezeichnet wurden. Sicher sei aber, dass die Karte nicht nach dem Entstehen dieser Verwaltungsgrenzen gedruckt sein kann.

Die Karte zeigt eine Verwaltungseinheit "Portz" (I) dargestellt, die aus folgenden untergeordneten Einheiten besteht: 1. Porz selbst, 2. und 3. Nieder- und Oberzündorf, 4. Langel, 5. Libur, 6. Lind ("Lent"), 7. Wahn, 8. Elsdorf, 9. Urbach, 10. Eil ("Ehl"), 11. Heumar ("Hoemer"), 12. Ensen, 13. Westhoven. Eine solche Verwaltungseinheit war im Januar 1808 geplant, ist aber nie realisiert worden. Vielmehr wurden diese Orte noch 1808 auf die neu geschaffenen Munizipalitäten Heumar und Wahn aufgeteilt.[1] Die Einzeichmung müsste also spätestens 1808 erfolgt sein, entsprechend müsse die Karte vor 1808 gedruckt worden sein.

Daraus lasse sich die Karte zwischen und 1806 und 1808 datieren.

Verschiedene Interpretationen

Das jeweilige Datierung führt zu unterschiedlichen Interpretationen:

Nach Litz: eine Filiale schon vor der Säkularisation

Litz, der die Karte zwischen 1799 und 1803 und damit vor die Säkularisation datiert, sieht in dem dargestellten, hier "Schönrath2" genannten Hof, eine nach seiner Ansicht schon vor der Säkularisation bestehende Filiale von Schönrath. Letzteres mag auf den ersten Blick erstaunen; dieses ist aber nicht ungewöhnlich, denn in der damals unmotorisierten Welt konnte eine grossflächige Landwirtschaft auf Grund der beschränkten Arbeitgeschwindigkeit der Schaffenden ( Ochse, Pferd, Mensch ) nur auf der Basis verteilt platzierter Hoffilialen rentabel betrieben werden. So wurde ebenso die großflächige Landwirtschaft Kalk der Abtei Deutz (heute Stadtteil Köln-Kalk) durch zwei gekoppelte Betriebe durchgeführt, die - obwohl relativ entfernt von einander - den gleichen Namen Kalker Hof trugen. In gleicher Weise wurde somit auch die großflächige Landwirtschaft Schönrath der Abtei Altenberg durch zwei Zweighöfe gleichen namens Schönrather Hof bewerkstelligt. Zudem, die grossen Landwirtschaften Ostpreussens und Pommerns wurden sogar trotz der mittlerweile vorhandenen Motorisierung bis zu Ende des 2.Weltkriegs auf solche Weise geführt.

Der Standort der ehemaligen "westlichen Filiale" habe sich noch bis zu Anfang der 1960er Jahre durch ein verwildertes Areal von etwa 2 Tennisplätzen Größe aus von Erdboden, Wildpflanzen und Holzwuchs überwucherten Bruchsteinen, Mauerbrocken u.ä. offenbart, gelegen neben dem Kopfende der Pferdekoppel am heutigen Schönrather Busch nächst des Dünnwalder Kommunalwegs.[2] Dieser verwilderte Bereich ist 1967 bei der Verbreiterung des Dünnwalder Kommunalwegs und der Erstellung des Friedhofs Schönratherhof[3] verloren gegangen.

Nach Ernestus: Der Hof Neurath

Ausschnitt aus der undatierten Karte HStAK Best. 7102 Nr. 911 mit Einzeichnung von Neurath an gleicher Stelle wie vorher der zweite Schönrather Hof

Ernestus, der in seinen Studien in den Akten keine Hinweise auf die Existenz einer Filiale vor der Säkularisation gefunden hat, geht wie erwähnt von einer Entstehung der Karte zwischen 1806 und 1808, also nach der Säkularisation aus. Der Autor der Karte habe gewusst, dass auf Schönrath ein zweiter Hof auf Druck der Domänenverwaltung errichtet wurde, das spätere Neurath, aber die Lage des zweiten Hofes nicht gekannt und daher falsch eingezeichnet. Die Karte müsse vor 1814 entstanden sein, da spätestens 1814 die Benennung "Neurath" für den zweiten Hof in Akten belegt ist.

Dies belege nicht zuletzt eine weitere Karte im HAStK, Best. 7102 Nr. 911. Diese stammt, wie u. a. die Nennung von Cantons als Verwaltungseinheiten zeigt, aus der Franzosenzeit, genauer aus der Zeit der Planung für die französische Verwaltungsreform, die so nie realisiert wurden, wie etwa die Darstellung eines Cantons Mülheim an der Ruhr oder von Langenberg und Hardenberg außerhalb des Cantons Velbert.

Diese Karte ist offensichtlich bearbeitet worden, zeigt aber weiterhin die Lage der Höfe Schörnath, Neurath und Rodderof zueinander nicht korrekt. Nach der Interpretation von Ernestus erscheine aber exakt an der Stelle, wo bei HAStK Best. 7102 Nr. 914 der zweite Schönrather Hof eingezeichnet ist, Best. 7102 Nr. 911 der Name Neurath. Darin sieht er einen weiteren Beleg dafür, dass Neurath für die Zeitgenossen identisch mit dem bisher unbenannten zweiten Schönrather Hof sei, nur dass dessen exakte Lage in beiden Karten falsch eingezeichnet sei.

Einzelnachweise

  1. Buchwald, Ursula: Die Reform der Verwaltung im Raume Porz 1806–1813. In: Rechtsrheinisches Köln. Jahrbuch für Geschichte und Landeskunde 2(1976), S. 69–108, hier S. 72–76.
  2. Wilfried Litz, Chronik der Kölnischen Litz, Selbstverlag, Köln 2009, S. 200–212, 240, 256.
  3. stadt-koeln.de, Friedhöfe, Schönrather Hof
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